Hinter dem Trichter: Probenwochenende 2014

Von Hendrik Achenbach

Es gibt Dinge, die ändern sich nie, und das ist auch gut so. Dazu zählt zum Beispiel, dass die SAP Big Band gegen Ende des Jahres für ein Wochenende in Klausur geht, um ihrem neuen Programm den nötigen Feinschliff zu verleihen. Wenige Wochen später wird das Ergebnis dann im Rahmen eines SAP-internen Mitarbeiterkonzertes erstmals präsentiert. Dieses Konzert stellt den wichtigsten Termin im Jahreskalender der Band dar.

Mit diesem Trank im Leibe

Für einige Bandmitglieder gehört es mittlerweile zur Tradition, das Probenwochenende mit einer Weinprobe einzuläuten. Am 7. November brachen Anna T., Ralf H., Helmut G., Toni D. und ich am frühen Nachmittag auf, um das Weingut Karl Schaefer in Bad Dürkheim zu besuchen.


Wie schon in den Vorjahren überzeugte unser Präsident Ralf H. sowohl bei der einleitenden Führung durch den Keller als auch bei der Verkostung der Weine durch Kenntnisreichtum und Eloquenz. So verwies er einen der Weine kurzerhand auf die hinteren Plätze, indem er ihm bescheinigte, sich in einer "schwierigen Phase" zu befinden, lobte ein anderes Gewächs dagegen als ein "Maulvoll Wein". Ebenfalls inspiriert von der sehr gelungenen Weinprobe zeigte sich Konsul Toni D., der abwechselnd Goethe deklamierte ("Mit diesem Trank im Leibe ...") und interessante Stellen aus dem VDP-Magazin vorlas.

Wir tappen im Dunkeln

Nach einer kurzen Lagebesprechung zwischen Ralf und dem Finanzchef der Band, Helmut G., schritten wir zur Bestellung und beluden die Autos, denn es war Zeit, sich auf den Weg zu machen. Das Navi lotste uns über die Romantikroute nach Altleiningen, was sicher gut gemeint war. Allerdings herrschte schon komplette Finsternis und die Strecke konnte nicht richtig zur Geltung kommen. Stellenweise musste sogar ein gewisses Gefahrenpotenzial konstatiert werden. Die Kurven waren eng und der schwarze Wald drohte uns zu verschlucken. Zum Glück hatte ich zwecks Erhaltung meiner Fahrtüchtigkeit aber die meisten Weine ausgelassen und mit Ralf und Helmut zwei erfahrene Coaches an Bord, so dass es mir letztendlich gelang, die schwierige Strecke zu meistern.

Heiter und entspannt

In Altleiningen angekommen, war es nach einem kurzen Abendessen bald Zeit für die erste Probe. Unser Bandleader Thomas Siffling begrüßte uns in ganz heiterer und entspannter Manier. Er ist ja auch grundsätzlich eine Frohnatur, die gute Stimmung verbreitet, doch die erste Probe des Wochenendes nutzt er normalerweise dafür, uns mit ernsten Blicken und verbaler Strenge auf die Anstrengungen der kommenden Tage vorzubereiten. Diese Strategie lässt sich auch durchaus nachvollziehen. Denn betrachten wir die Situation einmal aus seiner Perspektive, hat er netto ca. 12 Stunden Probe mit 25 tendenziell unausgeschlafenen Musikerinnen und Musikern vor sich, die es immer wieder zu disziplinieren gilt.

In diesem Jahr wären ernste Worte tatsächlich auch besonders angebracht gewesen, denn wir hatten eine ganze Reihe von Stücken im Gepäck, die erst kurz vorher ausgeteilt worden waren und insofern noch keinen Feinschliff benötigten, als dass sie zunächst einmal mit der groben Feile bearbeitet werden mussten. Sei es ein Kracher wie The Jazz Police, die sanften Töne des Bariton-Features Wave oder der Posaunen-Showcase The Four of Us: Wir hatten einfach erst mal eine ganze Menge Noten zu verdauen.

Ein schmerzhaftes Ereignis

Trotzdem verlief die Probe friedlich und unaufgeregt. Stellenweise war sie auch immer mal wieder mit ein wenig Leerlauf verbunden, wenn der milde gestimmte Bandleader sich den jeweils anderen Sätzen widmete, um bestimmte Stellen zu erarbeiten. Hier konnte gelegentlich der Eindruck der Ereignislosigkeit entstehen, der aber in meinem Fall ein jähes Ende nahm, als ich einen meiner Dämpfer aus dem Trompetentrichter zog, mit der Spitze nach oben auf den Stuhl hinter mir stellte und mich wenig später, als das Notenmaterial eine längere Pause anzeigte, mit Schwung hinsetzte. Der initiale Schmerz war unbeschreiblich und auch beim Schreiben dieser Zeilen bevorzuge ich einen weich gepolsterten Stuhl. Das Missgeschick blieb leider auch nicht unbemerkt, obwohl ich nicht verstehe, warum es gerade bei den Damen im Saxofonsatz zu solchen Lachanfällen führte, das Thomas die musikalische Geschlossenheit nur mühsam wiederherstellen konnte.

Das Maul voll Wein

Wie dem auch sei, irgendwann senkte der Bandleader den imaginären Taktstock und die Nacht von Freitag auf Samstag begann. Sie war wie immer lang und anstrengend. Schließlich wollte das eine oder andere Maulvoll Wein verkostet und so manche zentrale Frage des menschlichen Daseins diskutiert werden. Gegen drei Uhr morgens hatten wir die wichtigsten Themenfelder aber bestellt und zogen uns kurz zurück, um den Herausforderungen der Samstagmorgenprobe gewachsen zu sein.

Die Posaunen wackeln kurz

Thomas zog die Zügel in dieser Probe etwas an und konfrontierte einen unserer besten Musiker nach einem Solo mit der folgenden Aussage zum Klang seines Instruments: "Irgendwas ist anders. Das ist mir letzte Woche schon aufgefallen. Normalerweise klingst du gut, auch wenn ich es ungern sage." Und auch der komplette Posaunensatz musste sich bei The Four of Us Kritik gefallen lassen. Dieses Stück stellt die Posaunen durch exponierte Soli und virtuose Satzeinlagen in den Lichtkegel der Aufmerksamkeit und hat ihnen schon viel Lob vom Bandleader beschert. Nach dem ersten Durchlauf an diesem Morgen sagte Thomas aber: "Männer, eben war mein Kopfweh weg", setzte seine Kapuze auf und schnürte sie fest zu. Nun muss man natürlich auch zugeben, dass der heterogene Gesamteindruck möglicherweise durch das Schuhwerk der Posaunisten beeinflusst wurde. Ich persönlich habe überhaupt nichts gegen Flipflops mit Socken einzuwenden. Das kann sehr bequem sein und der Stoff schützt den Zehenzwischenraum davor, wund zu werden. Trotzdem muss die modische Entscheidung, die Helmut G. an diesem Morgen traf, als gewagt bezeichnet werden. Auf der anderen Seite begleitete er seine solistischen Einlagen durch ein rhythmisches Wackeln mit den Beinen, das man mit anderem Schuhwerk vermutlich gar nicht so gut hinbekommen hätte.

Proben und Powernaps

Eine Probe jagte die nächste an diesem Samstag. Eigentlich war der ganze Tag eine gigantische lange Probe, die nur durch kurze Powernaps und die Einnahme koffeinhaltiger Getränke unterbrochen wurde. So gehört sich das auch. Irgendwann gebot die Tradition aber, dass man zum nächsten Programmpunkt schreite. So schritt die gesamte Band den Burgberg hinab und versammelte sich im Gasthaus Zur Krone, um zu regenerieren. Es war ein großer Abend. Speisen und Weine fanden breite Anerkennung, und als wir Interesse am Herstellungsprozess der Kartoffelklöße zeigten, ließ die Wirtin es sich nicht nehmen, uns alles im Detail zu erklären und zum Schluss auch noch den Teig probieren zu lassen.


Eine folgenreiche Erfindung

Später am Abend schritten wir in etwas langsamerem Tempo wieder bergan, um in der Burg weiterzufeiern. Unser Präsident Ralf H. eröffnete die Runde mit einem gelungenen Beitrag über den Erfinder des Saxofons, dessen Geburtstag sich gerade wieder einmal gejährt hatte. Wir erfuhren, dass Herr Sax den Klang der herkömmlichen Holzblasinstrumente für zu leise befunden hatte und schlicht und einfach aufrüsten wollte, was die Lautstärke angeht. Aus Sicht eines Trompeters muss diese Einschätzung - und damit die Erfindung selbst - natürlich in Frage gestellt werden, was wir auch taten. So bezeichnete Toni D. das Saxofon ganz selbstbewusst als die "Atombombe der Musikinstrumente". Man ließ uns aber wissen, dass wir Trompeter selbst viel lauter spielen, als wir glauben, weil wir hinter dem Trichter unseres Instruments stehen. Da diese These von keinem der anwesenden Physiker in Frage gestellt wurde, verzichtete ich als Geisteswissenschaftler ebenfalls darauf und wir gingen zum nächsten Programmpunkt über. Auch hier hatte der Präsident etwas vorbereitet.

Stattliche Stabreime

Die Aufgabenstellung, mit der Ralf H. die Runde betraute, lautete wie folgt: Für jeden der Anwesenden ist ein Adjektiv zu bestimmen, das einen Stabreim mit seinem Vornamen bildet (Beispiel: "dynamischer Daniel"). Interessant an dieser Übung war die Erkenntnis, dass in der Band ganz verschiedene Vorstellungen davon herrschen, was ein Adjektiv denn eigentlich sei. So beschwört der Beiname "Acapulco" (in "Acapulco Anton") zwar durchaus Assoziationen herauf, die zum südländischen Naturell unseres Österreichers passen, muss mit der gebotenen grammatischen Strenge aber dennoch zurückgewiesen werden. Ansonsten lieferte die Band aber eine stattliche Leistung ab und bedachte alle, die noch nicht im Bett waren, mit einem mehr oder weniger liebevoll gewählten Beinamen.

Weingespräche und der Morgen danach

Wie so oft endete der Abend auf der Metaebene. Wir tranken Wein und sprachen darüber. Ralf gab zu bedenken, welch hohen Einfluss die Trinktemperatur auf den Genuss habe und Jens W. fügte die Tageszeit als weiteres wichtiges Kriterium hinzu ("Morgen früh schmeckt der wieder ganz anders").

Am nächsten Morgen war dann aber noch einiges andere ganz anders. Hatte Thomas S. das Wochende in Milde und Güte begonnen, hielt er uns angesichts eines nicht dirigierten und folgerichtig verpassten Einsatzes eine ausführliche Standpauke, die so manches betrübte Gesicht zurückließ. Wir rissen uns aber zusammen und nach einer kompletten, etwa zweistündigen Durchspielprobe zog der Bandleader ein versöhnliches Fazit und zeigte sich zufrieden.

Ab nach Hause

Müde und glücklich machten wir uns gegen 14.00 Uhr auf den Heimweg. Präsident Ralf H. saß neben mir auf dem Fahrersitz, hatte den Blackberry in der Hand und schickte E-Mails an den Finanzchef Helmut G., der hinter mir saß und sich an seinem iPhone festhielt. Für eine Weile sprach nur das Navigationsgerät mit mir. Zum guten Schluss hörten wir uns aber noch zu dritt die Originalversion von Black Hole Sun an und waren einstimmig der Meinung, dass die Bigband-Version, die unsere Sängerin Dagmar K. am Wochenende erstklassig interpretiert hatte, viel schöner ist. Dann hatte Baden-Württemberg uns wieder und wir konnten einen friedlichen Abend im Kreise unserer jeweiligen Lieben verbringen, sie mit den mitgebrachten Weinen verwöhnen und uns schon ein bisschen auf das Probenwochenende 2015 freuen. 

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Kommentare: 7
  • #1

    Jens (Dienstag, 11 November 2014 09:17)

    Vielen Dank lieber Hendrik für diesen tollen Bericht. Nur dabeisein ist noch schöner.

  • #2

    Thomas (Dienstag, 11 November 2014 10:04)

    Wie immer ein Genuss :-)
    Der traumatisierte Thomas

  • #3

    Anja (Mittwoch, 12 November 2014 12:32)

    Lieber Hendrik, da hast du dich mal wieder selbst übertroffen. Ein toller Bericht, der des öfteren zum Schmunzeln veranlasst. Aber über die Atombombe der Musikinstrumente müssen wir uns nochmal unterhalten. ;-)
    Die animalische Anja

  • #4

    Irene (Dienstag, 18 November 2014 20:29)

    Ich gehörte leider nicht zu der geselligen Runde, habe aber schon beim Lesen Lachanfall.. ;O) Sorry, Thomas!

  • #5

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